Die Darmstädter Ausländerbehörde musste sich in den letzten Jahren intensiver Kritik aussetzen. Doch was hat dafür gesorgt? Und die noch wichtigere Frage: Was muss sich ändern?
Folgendes Szenario muss sich vorgestellt werden, um die Problematik zu verstehen: Menschen sind monatelang auf der Flucht, dann landen sie in Darmstadt und gehen davon aus, dass sie die größten Strapazen hinter sich haben. Falsch gedacht: Die Darmstädter Ausländerbehörde reagiert nicht auf Kontaktanfragen, ist unorganisiert und unterbesetzt und steht dafür jetzt schon seit circa anderthalb Jahren in der schärfsten Kritik – zum Leiden der Migrant:innen, die bürokratische Hilfe benötigen. Teilweise werden Jobs oder Studienplätze verloren, weil das Ausländeramt einfach keine Aufenthaltsgenehmigung ausstellt, obwohl den Antragsteller:innen eine solche zustehen würde. Auch der Fachkräftemängel würde nicht so stark ins Gewicht fallen, wenn es beschleunigte Arbeitsabläufe gäbe. Den Mitarbeiter:innen kann man keinen direkten Vorwurf machen; sie sitzen am kürzesten Hebel, sind unterbezahlt und müssen mit veralteten Arbeitsbedingungen zurechtkommen. Viele Mitarbeiter:innen lassen sich deshalb sogar in andere Landkreise versetzen. Nichtsdestotrotz können diese Probleme nicht auf den Schultern derer ausgetragen werden, die auf die Hilfe dieser Behörde angewiesen sind.
Unsere Redaktion hat einige Ideen gesammelt, wie man unter anderem dafür Sorge tragen könne, dass keine Student:innen aus dem Ausland mehr ihre Studiengänge in Darmstadt abbrechen müssen, weil ihre Aufenthaltsgenehmigung durch das entsprechende Amt nicht verlängert wurde. Gäbe es ein funktionales Online-Portal auf verschiedenen Sprachen, wäre vielen Menschen geholfen. Wenn es möglich wäre, auf diesem Portal bereits Dokumente und Anträge einzureichen und direkt an die zuständige Person weiterzuleiten, könnte der Ansturm auf die Behörde verhindert werde.
Der hohen Fluktuation der Mitarbeiter:innen könnte man entgegenwirken, indem man beispielsweise Ehrenamtliche und FSJler:innen gezielt schult , sodass sie beispielsweise Arbeit bei einer Telefonhotline übernehmen und der Überforderung der Behörden damit präventiv entgegenwirken können. Auf diese Weise können erste Fragen direkt geklärt werden und kompliziertere Problematiken durch die FSJler und Ehrenamtliche zügig an das zuständige Fachpersonal weitergeleitet werden, ohne dass Monate vergehen. Ideal für diese Arbeit wären FSJler und Ehrenamtliche, die mehrere Sprachen beherrschen, damit Antragsteller:innen, die weder Deutsch noch Englisch können, geholfen werden kann. Auch wenn dies erstmal eine temporäre Lösung wäre, würde sie für ein wenig Entlastung innerhalb der Behörde sorgen.
Ein weiterer Aspekt der, den Ansturm auf die Ausländerbehörde verringern würde, wäre eine Verlagerung. Wenn es die Möglichkeit gäbe, als Einwohner:in Darmstadts eigene Anliegen in umliegenden Behörden, anstatt in Darmstadt, bearbeiten zu lassen, würden für Migrant:innen vermehrt Termine in Darmstadt zur Verfügung stehen. Für so eine Änderung müssten einige Hebel in Bewegung gesetzt werden. Mittlerweile ist es an der Zeit.
Um das Problem grundsätzlich und auf lange Sicht zu lösen, muss auch die Politik aktiv werden. Die Anforderungen für Migrant:innen sollten erfüllbarer gestaltet werden. Zum Teil werden von ihnen Dokumente eingefordert, die selbst die wenigsten deutschen Bürger:innen griffbereit haben. Bis es so weit ist, muss jedoch noch einiges geschehen.
Von Julian Jonathan Erbs
Foto: Symbolbild, Pixabay