Menschenrechtsverletzungen, Diskussionen, Kontroversen und merkwürdige Statements. Die andauernde WM in Katar sorgte schon vor dem Beginn des Turniers für reichlich Gesprächsstoff. Diskriminierung und auch die fehlende Gleichberechtigung sind nach dem Idealbild des größten Teils der Weltbevölkerung immer noch zwei immense Probleme. Zwei Aspekte, die auch in Katar einen schweren Stand haben. So gibt sich der WM-Botschafter homophob und Menschen in den Stadien, die eine Regenbogenbinde tragen, werden des Stadions verwiesen. Auch das Tragen der „One-Love-Binde“ wurde seitens der FIFA untersagt. Begründung: Man wolle diese WM nicht als Bühne für politische Botschaften nutzen. Dennoch sendet eine WM-Vergabe an ein Land, wo Arbeiter unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben mussten und daran gestorben sind, ebenfalls eine Botschaft in die Welt hinaus. Nun ist die Vorrunde des Turniers gespielt und Proteste auf der großen Bühne blieben nicht aus. Seien es Flitzer, die mit einer Regenbogenfarbe ein Zeichen setzen wollen oder Zuschauer*Innen, die mit Schildern sich für die Frauenrechte im Iran aussprechen, die WM bietet eine große Plattform, die genutzt wird.
Vor dem Turnier haben viele Rezipienten von Boykotten geredet. Zu spät. Warum setzte man bei dem Boykott zwölf Jahre nach der Vergabe der WM an? Ein großes Problem, so war zu diesem Zeitpunkt alles schon passiert und die Austragung in Katar nicht mehr aufzuhalten. Die Zuschauerzahlen bei den WM-Spielen sind auch deutlich gesunken. Eine WM-Stimmung kommt bei wenigen Fans auf. Public Viewing findet nicht statt und Interesse an einer Zusammenkunft teilzunehmen gab es bei dieser WM reichlich wenig. Kein Wunder bei einer Winter-WM. Keine Fahnen auf den Autos, keine jubelnden Menschen in den Straßen und keine Euphorie die aufkam.
Katar bewirbt sich nun auch für die Olympischen Spiele – wiederholt sich die Miesere?
Katar hat nun die Absicht, die Olympischen Spiele 2036 auszurichten. Dass die WM nicht dort hingehört hatte, das ist den meisten Personen von der ersten Sekunde bewusst gewesen. Ein Boykott wurde jedoch erst vehement angesetzt, als die Stadien in der Wüste gebaut waren, die Arbeiter gestorben waren und es nicht mehr zu verhindern war, dass die Weltmeisterschaft dort gespielt wird. Nun haben sowohl die Verantwortlichen als auch die Zuschauer*Innen die Chance, ihre Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und es in Zukunft besser zu machen. Nach den Olympischen Spielen in China, wo die Vergabe nicht weniger verwerflich war als die an Katar, können die Spiele nicht erneut an ein Land vergeben werden, dessen Werte nicht mit denen von Olympia übereinstimmen. Heute hat die derzeitige Gesellschaft jedoch die Möglichkeit, direkt Zeichen zu setzten und sich gegen eine solche Vergabe auszusprechen. Eine Chance, die nun genutzt werden muss. Nun wird sich auch zeigen, ob die reichlichen Proteste der Zuschauer*Innen etwas gebracht haben, oder ob die Menschen überhört werden und die Verantwortlichen nicht erreichen konnten. Jetzt heißt es jedenfalls nicht schweigen, sondern direkt Zeichen setzen gegen eine solche Vergabe.
Von Nicolas Richter
Foto: Symbolbild, Pixabay