Nachhaltigkeit & Umweltschutz in Gewerbegebieten

Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind allgegenwärtige Themen – auch in Gewerbegebieten. Im Juli 2022 beschloss die Stadt Darmstadt, die Pläne für ein neues Gewerbegebiet in Wixhausen-Ost aufzugeben. Grund dafür war laut Oberbürgermeister Jochen Partsch und Planungsdezernent Michael Kolmer das Überwiegen der ökologischen Nachteile im Vergleich zu den wirtschaftlichen Vorteilen, so die hessenschau in ihrem Beitrag vom 09. Juli 2022. Außerdem wurde betont, dass Klima- und Umweltschutz sowie die Klimaanpassung an erster Stelle stehen sollen. Um diese Ziele umzusetzen muss nicht erst ein neues Gewerbegebiet mit entsprechenden klima- und umweltschonenden Aspekten gebaut werden. Bestehende Gewerbegebiete – ganze 17 sind in der Wissenschaftsstadt vertreten – haben ebenfalls Potenzial.

“Nachhaltiges Gewerbegebiet Fechenheim-Nord/Seckbach”

Dass ein bereits voll besetztes Gewerbegebiet an die Herausforderungen des Klimas angepasst werden kann, zeigt das “Nachhaltige Gewerbegebiet Fechenheim-Nord/Seckbach” im Osten Frankfurts. Das Pilotprojekt ging 2015 – nach mehreren Jahren Planungs- und Vorbereitungszeit sowie intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit und seinen Herausforderungen – an den Start und war zunächst auf fünf Jahre ausgerichtet. Das Projekt sollte aufzeigen, dass ökologische Effizienz und wirtschaftliches Handeln sich nicht widersprechen müssen. Auch der soziale Aspekt sollte dabei nicht vernachlässigt werden. Die Umsetzung des Projektes verlief unter der Aufsicht der Wirtschaftsförderung Frankfurt und des Energiereferats der Stadt. Die Wirtschaftsförderung Frankfurt unterstützte mit einem Standortmanager während die Stadt Frankfurt einen Klimaschutzmanager zur Seite stellte. Die Aufnahme in zwei Bundesförderprogramme – das ExWoSt-Forschungsprojekt “Nachhaltige Weiterentwicklung von Gewerbegebieten” und das Forschungsprojekt “Grün statt Grau – Gewerbegebiete im Wandel” – bot eine weitere wichtige Stütze. Diese Bemühungen wären jedoch nicht erfolgreich gewesen, wenn die Unternehmen innerhalb des Gewerbegebietes sich nicht auf eine Zusammenarbeit geeinigt hätten. Diese Zusammenarbeit mündete 2018 schließlich in der Entstehung der Standortinitiative FFN (Frankfurter Osten nachhaltig) e.V. zu der 2022 51 aktive Mitglieder gehörten. Die Unternehmen widmeten sich der Nachhaltigkeit und arbeiteten gemeinsam an Konzepten in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Nutzung von Abwärme sowie umwelt- und klimafreundliche Verkehrsgestaltung. Hier brachte sich die Wirtschaftsförderung in ihrer beratenden Rolle und mit ihrem Erstberatungsprogramm für E-Mobilität ein. Beratungsprogramme zur Solarstromgewinnung waren ebenfalls unter den Angeboten. Es gab aber auch auf einzelne Unternehmen abgestimmte Prozesse und Erfolge. So stellte beispielsweise eine Autolackiererei komplett auf wasserlösliche Lacke um.

2020 veröffentlichten die Wirtschaftsförderung und die Stadt Frankfurt den Ergebnisbericht zu diesem Pilotprojekt. Von der Planung über die Durchführung und Herausforderungen bis hin zu den Erfolgen und dem Fazit, das man aus den fünf Jahren ziehen konnte, war alles aufgeführt. Dabei kamen sowohl die Projekt-Initiatoren als auch die beteiligten Unternehmen zu Wort. Das Fazit: ein erfolgreiches Projekt mit Zukunftspotenzial. Das Vorzeigeprojekt soll als Vorgabe und Vorlage für andere Gewerbegebiete dienen. Vielleicht auch in Darmstadt?

Gewerbeentwicklung in Darmstadt

Kai Hartmann vom Amt für Wirtschaft und Stadtentwicklung Darmstadt stand mir für ein Gespräch zur Verfügung. Er ist mit zwei weiteren Kollegen für Fragestellungen bezüglich Stadt- und Regionalentwicklung zuständig. Darunter fällt auch die perspektivische Entwicklung von Gewerbegebieten. Wir sprechen zunächst über die Planungen für die zu Beginn dieses Beitrags erwähnte gewerbliche Entwicklung in Wixhausen-Ost und wie es zu der Entscheidung kam, diese aufzugeben. Herr Hartmann erklärt mir, dass eine hohe Nachfrage nach Gewerbeflächen ein Grund für die Planung war. Als weiteren Grund nennt er den Fakt, dass Darmstadt neue Gewerbegebiete entwickeln muss, um zukunftsfähig zu bleiben und die Arbeitsplatzentwicklung stabil zu halten. Wixhausen war einer von zwei definierten Untersuchungsräumen, die insbesondere aus einem sogenannten Masterplanprozess aus den Jahren zuvor hervorgingen und grundsätzlich für die Entstehung eines neuen Gewerbegebietes in Frage kamen. Herr Hartmann kommt in diesem Zusammenhang auf das Planungsinstrument zu sprechen, auf das sich die Stadtverwaltung geeinigt hatte; die sogenannten vorbereitenden Untersuchungen für eine mögliche städtebauliche Entwicklungsmaßnahme. Anhand verschiedenster Gutachten – Flora, Fauna, Klimagutachten etc. – wird in diesem Prozess geprüft, welche naturräumlichen und ökologischen Gegebenheiten in dem untersuchten Gebiet vorhanden sind und wie schützenswert diese sind. Ob eine gewerbliche Entwicklung in dem untersuchten Raum möglich ist, wurde dann unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse abgewogen. In Wixhausen sprachen die naturräumlichen Faktoren deutlich dagegen und auch die Bevölkerung des Stadtteils zeigt Widerstand. Die Politik entschied daher, die Pläne fallen zu lassen und auch die Fachverwaltung – zu der Herr Hartmann gehört – schätzte die Wahrscheinlichkeit einer Bebauung in dem Gebiet als sehr gering ein. Das Projekt wurde eingestellt.

Ich verweise auf das Projekt in Frankfurt, welches Herrn Hartmann vor unserem Gespräch noch unbekannt war, ihm aber als “sehr dynamisch und nachhaltig” erscheint. Wie im ersten Abschnitt bereits erläutert, entschieden sich die Verantwortlichen des Projektes dort bewusst für ein bestehendes Gewerbegebiet. Rund 350 Hektar im Stadtgebiet Darmstadt sind Gewerbeflächen, weiß Herr Hartmann. Diese verteilen sich auf unterschiedliche Gewerbegebiete, die zum Teil weiterentwickelt werden könnten. Im Rahmen eines Gutachtens über die gewerblichen Entwicklungsperspektiven der Stadt wurde auch untersucht, wie viel Entwicklungspotenzial im Flächenbestand vorhanden ist. Das Ergebnis: es gibt viele Flächen, die untergenutzt sind oder in denen nur noch Restnutzung vorhanden ist. Zum Beispiel im Gewerbegebiet Nord-West. Man wolle in Zukunft auch mit den Unternehmen und Eigentümern in einen Dialog treten, um zu prüfen, wie diese Flächen langfristig entwickelt werden können. Beispielsweise durch Nachverdichtung und neue integrierte ökologisch verträgliche Bauprojekte. “Das ist eine sehr wichtige und interessante Aufgabe für die künftige Stadtentwicklung in Darmstadt“, sagt Hartmann. Konkrete Pläne gebe es aber noch nicht.

Von Angelina Matousek

Foto: Symbolbild, Pixabay

Quelle: 5 Jahre Nachhaltiges Gewerbegebiet Fechenheim-Nord/Seckbach: Ergebnisbericht zum Pilotprojekt. (2021). In Frankfurter Osten nachhaltig. Wirtschaftsförderung Frankfurt GmbH. Abgerufen am 15. Januar 2023, von https://frankfurter-osten.de/bericht/

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